B-Vitamine und ihre Bedeutung (nicht nur) für Ataxiekatzen
Die Vitamine der B-Gruppe stellen keine einheitliche Klasse dar. Sie sind chemisch und pharmakologisch völlig verschiedene Substanzen.
Die Gruppe der B-Vitamine kommt in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln vor (z. B. in Fisch, Leberprodukten, Milchprodukten, Broccoli, Spinat oder Grünkohl). Eine Ausnahme stellt Vitamin B12 dar, welches in pflanzlichen Lebensmitteln nicht enthalten ist und auch im Gegensatz zu allen anderen wasserlöslichen Vitaminen im Körper gespeichert werden kann.
Quelle Wikipedia
Thiamin, oder auch Vitamin B1, ist demnach ein wasserlösliches Vitamin aus dem B-Komplex. Es ist für die Entwicklung und Funktion des Nervensystems immens wichtig.
Die Thiaminmangel-Enzephalopathie der Katze
Da Thiamin als Coenzym im Kohlenhydrat–Stoffwechsel eine besondere Bedeutung für die Energieversorgung des Gehirns hat, kommt es bei einem Mangel zu Degeneration von Nervenzellen, Gefäßerweiterung und punktförmigen Blutungen, vor allem im Bereich des Hirnstamms.
Die Erkrankung beginnt zunächst unspezifisch mit reduzierter Futteraufnahme und manchmal Erbrechen. Als neurologische Symptome kommen eine durch die Kleinhirnschädigung ausgelöste Bewegungsstörung (Ataxie), erweiterte und kaum auf Lichteinfluss reagierende Pupillen, Krampfanfälle, eine Abwärtsbiegung des Halses hinzu. Im Endstadium fallen die Tiere ins Koma und sterben schließlich.
Neben dem Vorbericht und den klinischen Symptomen sind im Blut und Hirnwasser erhöhte Konzentration von Brenztraubensäure und Laktat sowie eine verminderte Aktivität der Transketolase in den roten Blutkörperchen nachweisbar.
Im Frühstadium ist die Heilungsaussicht durch Gabe von Thiamin gut. Mit zunehmenden neurologischen Symptomen wird die Prognose dagegen immer schlechter, da die Zerstörung der Nervenzellen irreversibel ist.
Quelle Wikipedia
Wie kann es zu einem Thiaminmangel kommen?
Z.B. durch zu geringe oder fehlende Aufnahme von Thiamin bei mangelnder Nahrungsaufnahme.
Dies kann zum Beispiel bei einem Kitten auftreten, welches sich bei seinen Geschwistern nicht „durchsetzen“ kann und deshalb zu wenig Nahrung bekommt oder bei einer alten Katze, die durch eine, nicht vom Gehirn ausgehende, Krankheit wenig bis gar nicht frisst.
Zerstörung des Thiamin durch Hitze
Das Vitamin B1 ist hitzeempfindlich und wird beim Kochen bis zu 40% zerstört. Da es wasserlöslich ist, geht auch Thiamin an das Kochwasser verloren. Kocht man Katzenfutter selbst, sollte man diese Tatsache im Auge behalten.
Quelle http://www.Feline-Senses.de
Zerstörung des Thiamin durch Thiaminase
Eine hohe Menge des Enzyms Thiaminase kann das Thiamin zerstören. In rohem Süßwasserfisch ist viel Thiaminase enthalten, die bei ausschließlicher Fischfütterung zu Mangelerscheinungen (bis hin zur Ataxie) führen kann kann. Seefisch ist in dieser Hinsicht unbedenklich Trotzdem sollte man rohen Fisch nur sparsam bzw. maximal zweimal pro Woche geben. Durch Erhitzen wird die Thiaminase zerstört. Wer sicher gehen will kocht, dünstet oder brät den Fisch ohne Gewürze.
Industrielles Feucht- oder Nassfutter ist immer dampfgegart oder gekocht, daher können alle Sorten mit Fisch bedenkenlos, auch häufig, gereicht werden. Trockenfutter ist in dieser Hinsicht ebenfalls völlig unbedenklich.
Vitamingabe
Was nie schadet und daher jedem Katzenhalter geraten werden kann, ist die regelmäßige, durchaus tägliche, Gabe einer kleinen Prise Haferflocken oder Bierhefeflocken im Futter. Hafer und Hefe enthalten viel Vitamin B!
Das ist nicht nur für die Nerven gut, sondern auch für Krallen, Fell und Haut.
Falls man sich mit einer „Prise“ schwertut (je nach Fingergröße kann eine Prise ziemlich unterschiedlich ausfallen…): es gibt auch Bierhefetabletten (z.B. in Drogeriemärkten).
Hier wäre die richtige Dosis: 1 Tabl. pro erwachsene Katze pro Tag. Manche Katzen nehmen diese sogar als Leckerchen. Die Tabletten sind eher weich in der Konsistenz.
Wenn ein Ataxist sie nicht essen kann oder mag, kannst man sie zerbrechen, mit dem Messer zerkleinern, mit einem Fleischklopfer zerstoßen oder mörsern.
Gerade Katzenkinder aus schlechter Aufzucht (z.B. aus Streunerpopulationen) können einen B1-Mangel haben, so dass man ihnen durchaus regelmäßig eine kleine Menge Bierhefeflocken in die Welpennahrung einrühren sollte.
Vitamin B1 sollte immer oral, also mit der Nahrung gegeben werden, denn beim Spritzen in den Muskel kann es in seltenen Fällen zu Überempfindlichkeitsreaktionen bis hin zu Atemnot oder Schock kommen.
Manchmal wird für Ataktiker auch ein sog. „Vitamin B-Komplex“ empfohlen. Es handelt sich dabei um Präparate, die Menschen in Stresssituationen einnehmen.
Ob man dies der Miez‘ geben sollte, ist fraglich. Zum einen kommt es beim Ataktiker besonders auf das Vitamin B 1 an, man müsste bei einem Komplex-Präparat daher prüfen, ob B1 (ausreichend) enthalten ist.
Außerdem sind diese Produkte ziemlich teuer. Komplexpräparate würde man nur als „Kur“ anwenden, z.B. 2 x jährlich.
Mit den Haferflocken bzw. der Bierhefe kommt man günstiger zum gleichen Ziel.
Exkurs: Vitamin B12 (Cobalamin)
Ab und zu werden für Ataxiekatzen sog. Vit.B12-Kuren empfohlen.
Vitamin B12 ist in fast allen Nahrungsmitteln tierischer Herkunft (auch Eiern und Milchprodukten) enthalten und wird sehr gut als Depot in der Leber gespeichert.
Katzen haben als Fleischfresser selten einen Vitamin B12-Mangel, während er bei Menschen (insbesondere bei Veganern) und Pflanzenfressern durchaus vorkommen kann.
Je „naturnäher“ eine Katze also ernährt wird, desto weniger kann es zum B12-Mangel kommen. Daher ist bei Fertigfutter unbedingt die Zusammensetzung zu prüfen. Viele Futtermittel bestehen hauptsächlich aus Getreide, das für eine Katze so gut wie keinen Nährwert hat (als Fleischfresser kann sie pflanzliche Stoffe kaum verwerten). Da Vitamine jedoch im Regelfall künstlich zugesetzt werden, ist die Gefahr eines Vitaminmangels recht gering (andere gesundheitliche Probleme durch Getreidefütterung sind nicht Thema dieser Abhandlung).
Neben der Anämie ist eine Folge eines B12-Mangels eine „sensorische Neuropathie“ durch die Stoffwechselbeeinträchtigung. Dabei werden die peripheren Nerven geschädigt, also grob gesagt alles außerhalb des Gehirns. Dabei wird z.B. Gewebe in der Nervenscheidewand abgebaut, das führt dann zu verzögerter Reizweiterleitung bzw. zu sensorischen Störungen. Man könnte sich vorstellen, dass diese Katze z.B. ein verringertes Schmerzempfinden hat oder nicht mehr sicher mit den Pfoten fühlen kann, was ggf. zu einer Bewegungs- oder Gleichgewichtsstörung führt.
Beim Menschen kann B12-Mangel Ursache sein für Erschöpfung, Schwäche, Kältegefühl in Händen und Füßen und Konzentrationsstörungen. Das alles können auch Stressanzeichen sein!
Solchen Menschen gibt man B12 als Kur.
Wie bereits beschrieben, kann eine Katze kaum einen B12-Mangel haben, auch ein Ataktiker nicht. Es wäre nur dann möglich, wenn die Katze schon einen extremen Vitamin B1-Mangel (= Thiamin-Mangel) hat, denn dieser würde einem B12-Mangel vorausgehen.
Bei der Ataxie steht ja die zentralnervöse Schädigung im Vordergrund, z.B. durch Vitamin B1-Mangel. Vitamin B12 hat dagegen einen Einfluss auf die peripheren Nervenfasern, ist also eine ganz andere „Baustelle“.
Der einzige Grund, warum eine Katze B12 benötigen könnte, könnte eine Erschöpfung und allgemeine Schwäche aufgrund großem Stress sein, z.B. bei Tierheimaufenthalt, Pflegestellenwechsel oder Rekonvaleszenz nach schwerer Krankheit. Dann sollte es aber nur schwach dosiert als Kur 10-14 Tage verabreicht werden (zusätzlich zu einer B1-Gabe), denn eine Überversorgung kann zu allergischen Reaktionen führen. Die Gabe von B12 durch den Tierhalter im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsfürsorge kann daher nicht empfohlen werden.
Es gibt nur sehr wenige Indikationen für eine B 12-Gabe: bei Rauchvergiftung (z.B. wenn man eine Katze aus einem Wohnungsbrand rettet) oder bei Vergiftung mit alten Ungeziefervernichtungsmitteln mit Blausäure, das z.B. noch in Kellern oder alten Schuppen lagern kann. Auch im Rahmen einer IBD (entzündliche Darmerkrankung) hat die Katze einen erhöhten Bedarf.
In einem solchen Fall spritzt der Tierarzt Vitamin B12 gezielt und wird das Tier stationär in der Klinik überwachen.
Krampfanfälle durch Thiamin-Mangel
Für den medizinischen Laien ist die Ursache von Krampfanfällen leider nicht feststellbar.
Jeder Tierhalter wird zunächst erschrecken, wenn sein Kätzchen krampft!
Einen guten Tierarzt zu finden ist besonders wichtig, wenn man ein Wackelkätzchen hat!
Er/Sie wird nach eingehender Diagnostik feststellen können, ob hinter dem Anfallsgeschehen ein Thiamin-Mangel steckt oder eine Form der Epilepsie.
Wichtige Maßnahmen, wenn ein Kätzchen krampft:
– aufschreiben, wie lange der Anfall exakt dauert (auf die Uhr schauen),
– wie häufig er auftrifft,
– wann genau er auftritt (z.B. nur nachts),
– wie der Krampf „aussieht“ (was macht die Katze dabei genau, z.B. Kopf überstrecken, Krallen abwechselnd strecken oder einziehen, zittrige Augenbewegungen, sabbern, Urinabgang…). Am besten sogar noch fotografieren oder filmen…
– und das alles trotz aller Panik!
Doch je besser man den Krampfanfall beschreiben kann, desto mehr hilft man dem Tierarzt bei der Diagnose – und somit seiner Katze.
Erste Hilfe:
– Ruhe bewahren!
– darauf achten, dass die Katze sich nicht verletzt (z.B. kann sie vom Bett oder Kratzbaum fallen oder sich den Kopf anstoßen?).
– falls man die Katze wegen der Verletzungsgefahr umbetten muss (z.B. auf den Boden legen), nehme man die Katze nur in einem Handtuch oder mit festen Handschuhen hoch. Die Katze kann im Krampfanfall unbeabsichtigt kratzen und/oder beißen!
– Raum abdunkeln
– Sauerstoff zuführen = Fenster öffnen
– wenn der Anfall länger als ca. 3 Minuten dauert, bitte das Tier sofort in die Tierklinik bringen oder den Tierrettungswagen rufen!
Auch nach kürzeren Anfällen sollte man den Tierarzt aufsuchen, vor allem wenn es sich um ein wiederholtes Geschehen handelt.
Nach einem Krampfanfall sind viele Katzen sehr verschmust und suchen Nähe! Andere sind ängstlich. Manche verstecken sich. Einige suchen Wärme und kuscheln sich ein. Viele sind „sterbenshungrig“ und wollen sofort fressen!
Am besten spricht man ganz ruhig mit dem Tigerchen und „betüddelt“ es, wenn es möchte. Fressen und trinken darf die Miez‘, sobald sie selbständig in Richtung Küche aufbrechen kann. 😉
Andrea Schäfer
Tierheilpraktikerin/Tierpsychologin
www.thp-schaefer.de
26.05.2011